Wichtige Information vorab: Nur das Wort „Diversity“ in jedem zweiten Satz zu benutzen, macht noch kein Diversity Marketing. In diesem Blogbeitrag geht es darum, was Diversity Marketing wirklich ist, wo Ihr aus guten und schlechten Umsetzungen in der Vergangenheit lernen könnt und welchen Mehrwert das für Eure Werbung sowie die angesprochenen Zielgruppen bringt.
Was ist Diversity Marketing?
Unter Marketing versteht man im Allgemeinen alle unternehmerischen Tätigkeiten, die zum Ausbau des Umsatzes genutzt werden. Dazu zählen Bereiche wie Marktforschung, Produktmanagement und Controlling. Diversity Marketing beschreibt eine Marketingstrategie, die von der klassischen Marktansprache unterrepräsentierte Gruppen erkennt, anspricht und integriert. Dabei sollen konkrete Lebensumstände, Werte und Erwartungshaltungen der Zielgruppen bei der Produktentwicklung berücksichtigt werden, um perfekt zugeschnittene Produkte und Dienstleistungen zu kreieren. Berücksichtigt werden dabei die verschiedenen Dimensionen von Diversität, wie:
- Alter
- Geschlecht
- sexuelle Orientierung
- Weltanschauung
- Nationalität und soziale Herkunft
- seelische und körperliche Verfassung
- Behinderung
Auch Repräsentation innerhalb des Werbeauftretens ist von Bedeutung, da dadurch emotionale Bindung zu Unternehmen aufgebaut wird und sich dies gewinnbringend äußern kann. Die Zielgruppe wird insgesamt erweitert, da man Marktlücken lokalisiert und so Innovation fördert.
Beispiele für gutes Diversity Marketing
Diversity Marketing ist grundlegend Nischenmarketing. Die Verbraucher*innen haben Bedürfnisse und Vorlieben, die sich vom Mainstream-Markt unterscheiden. Ein Vorteil dessen ist, dass je spezifischer die Zielgruppe, desto weniger Konkurrenz ist gegeben. Somit gibt es hier viele und gute Möglichkeiten, neue Märkte zu erschließen.
So hat das Unternehmen Apple z.B. schon frühzeitig erkannt, dass seheingeschränkten Menschen ein guter und einfacher Zugang zum Nutzen von mobilen Endgeräten ermöglicht werden sollte. Diese vermarkten daher seit 2009 Apple-Produkte mit dem Screenwriter VoiceOver. In der fünften Folge von Vorlautes Mundwerk spreche ich mit Julien Franke, einem der ersten seheingeschränkten Abiturienten in Sachsen, der seine Erfahrungen mit VoiceOver in unserer Podcastfolge teilt.
Ein weiteres passendes Beispiel ist der Mobilfunkanbieter AY YILDIZ, ein Ableger der Telefónica. Spezialisiert ist das Unternehmen auf eine türkischstämmige Zielgruppe, die auch Kontakte in die Türkei pflegen. Die Tarife und Verträge bieten daher gute Konditionen für Telefonate ins türkische Mobilfunknetz an. Designtechnisch wird diese Zielgruppe gezielt angesprochen, da die Bilder Menschen der türkischen Community zeigen und sich an den Landesfarben der Türkei bedient wird.
Ein schlechtes Beispiel für Diversity Marketing
Eine Werbung, die genauso gut aus dem Jahre 1933 sein könnte, veröffentlichte Dove im Jahre 2017. Hierbei handelt es sich um einen sehr klassischen Fall von gut gemeint, schlecht gemacht. Beworben wurde ein Duschgel, welches, wie jedes andere Duschgel, reinigende Fähigkeiten hat.
Racism has always been expressed through Ads, some went unnoticed and some brands repeatedly portrayed black in an offensive way.
— Honeylake ???????? (@OHoneylake) September 10, 2020
Before the recent Clicks & Tresemme Ad there was Dove, showing a black(dirty) woman becoming a white(clean) woman after using it. How disappointing.???? pic.twitter.com/wLdIYDSnvL
Dennoch wird der Eindruck vermittelt, das Produkt würde schwarze Menschen „reinwaschen“ können. In dem GIF zu sehen war eine junge schwarze Frau, die Ihr braunes T-Shirt auszieht. Zum Vorschein kam eine weiße Frau. Ungeschickt wurde hier ein sehr altes rassistisches Narrativ aufgegriffen, welches schwarze Menschen als “unsauber” darstellt und den weißen europäisch aussehenden Menschen als zu erreichendes Ideal repräsentiert.
Countless Black people have suffered real physical and psychological harm because of images like this. The skin-bleaching industry is huge.
— Ms. Otoo (@SharonDoduaOtoo) May 21, 2020
6. pic.twitter.com/r1jlNNv4ju
Dies ist aber auch nicht das erste Mal, dass Seife mit einem rassistischen Beigeschmack verkauft wird. „Why doesn’t your mamma wash you with fairy soap?“, fragte ein weißes Kind ein schwarzes auf einer Werbung von 1910. Die Antwort könnte möglicherweise lauten, dass aufgrund von jahrhundertelangem Kolonialismus, gezielter Repression und unmenschlicher Ausbeutung schwarzer Menschen, diese wohl nicht privilegiert genug waren, um Produkte wie Seife zu benutzen. Dies ist jedoch auch nur vage Spekulation meinerseits. Aber wie Ihr seht, das Seifenbusiness hat doch keine so weiße Weste, wie manche vermuten würden.
Wie geht Diversity Marketing nun richtig?
Das letzte Beispiel zeigt, dass es im Diversity Marketing auch einiges falsch zu machen gibt. Daher nun einige Tipps, wie Ihr dies vermeiden könnt
1. Kennt Eure Zielgruppe!
Dies gehört womöglich zu den Lieblingsausdrücken meines Chefs Marcus Lehmann. Zum Konzeptionieren von gut gemachten Kampagnen ist dies fundamental wichtig. Sinnvoll kann hier sein, Personae zu erstellen, um die Bedürfnisse der Interessenten und Kund*innen zu verstehen. Betrachtet werden hierbei Aspekte von potenziellen Lieblingsfarben, Familienkonstellationen bis hin zu Wertvorstellungen.
2. Achtet auf Authentizität!
Um ein authentisches und konsequentes Corporate Image zu schaffen, ist es wichtig, Inklusivität und Diversität in allen Bereichen der Corporate Identity zu etablieren. Im besten Fall ist die angesprochene Zielgruppe selbst am Marketingprozess beteiligt, um eine gelungene Vermarktung zu gewährleisten. Daher kann unternehmensinterne Vielfalt nicht schaden, da es zu besseren und innovativeren Kampagnen führt. Auch fällt es im heutigen Internetzeitalter sehr auf, wenn Unternehmen Marketingkampagnen ausschließlich nutzen, um Ihr Ansehen aufzupolieren. „Bad publicity is better than no publicity!“, ist daher nicht immer eine zu empfehlende Strategie.
3. Seid progressiv!
Neues zu wagen und sich weiterzuentwickeln, sind grundlegende Eigenschaften, um als Unternehmen auf dem Markt überleben zu können. So ist auch der Weg zu vollständig gelebter Diversität kein leichter und kann viel Zeit in Anspruch nehmen. Echte Vielfalt benötigt jedoch auch echten Wandel und dieser sollte jederzeit angestrebt werden. Bindet aktuelle Begebenheiten in Eure Produktvermarktung ein und lernt bewusst aus möglichen Fehltritten. Denn wer heute immer nur das macht, was er gestern schon getan hat, der bleibt auch morgen dort, wo er heute schon ist.
Fazit
Diversity Marketing ist eine Möglichkeit, unterrepräsentierte Zielgruppen anzusprechen. Der Vorteil für Unternehmen ist, Märkte zu erschließen, die sonst komplett unter dem Radar fliegen. Auch können so Produkte an den Menschen gebracht werden, die einen echten Mehrwert für diese Zielgruppe bieten. Diese Chance solltet Ihr nutzen, um Euren eigenen, individuellen Platz am Markt zu erschließen.
Zu Diversity kann das Nutzen von inklusiver Sprache beitragen. Hier zu könnt ihr euch sehr gern im Blogbeitrag Richtig gendern: mehr als nur Gendersternchen! informieren.
Autorin: Ottilie Wied